Das 9-Euro-Ticket läuft bald aus. Es sollte eine finanzielle Entlastung bieten gerade für die Geringverdienenden, die sich kein Auto leisten können und vom Tankrabatt nicht profitieren. Es sollte aber auch ein Test sein, wie viele Menschen bereit wären, auf die „Öffies“ umzusteigen, wenn sie fast nichts mehr kosten würden. Das Ergebnis ist etwas ernüchternd. Zwar haben im Juni über 30 Mio. Menschen das Ticket besessen und Nutzung des Schienenverkehrs ist um 42 Prozent gestiegen. Doch Umfragen und Auswertungen von Mobilfunkdaten haben auch gezeigt, dass die höhere Nutzung sich auf bestimmte Strecken konzentrierte und oft nicht Autofahrten ersetzten, sondern zusätzlichen Verkehr in der Freizeit bedeuteten. Etwa 25 Prozent der Fahrten wären ohne das Angebot gar nicht passiert. Eine Verschiebung von der Straße auf die Schiene gab es allenfalls zwischen 2 und 3 Prozent.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Nutzung des ÖPNV mehr von der Verlässlichkeit, der Bequemlichkeit und der guten Organisation abhängen, als vom Preis. Niemand mag das Leben „in vollen Zügen“ genießen, wenn man dann womöglich irgendwo strandet und 2 Stunden auf den Anschluss warten muss. Um eingefahrene Gewohnheiten zu ändern und Verkehr vom Auto auf Bus und Bahn zu verlagern, braucht es eine langfristige Verschiebung öffentlicher Finanzierung auf den umweltfreundlichen Verkehr. Bis heute finanzieren die durchschnittlichen SteuerzahlerInnen ein kostenintensives Autobahnnetz, luxuriöse Dienstwagenprivilegien und billige (in Edingen-Neckarhausen kostenfreie) Parkplätze, während die Bahn kaputt gespart wurde und Geh- und Radwege, gerade in unserer Gemeinde, den Namen oft nicht verdienen.
Dennoch ist auch eine dauerhafte Verbilligung des ÖPNV ein Teil des Weges, allerdings bei gleichzeitigem Ausbau der Infrastruktur. Die Tarifstruktur und Taktung müssen klarer und verlässlicher werden. Es muss zum Beispiel auch in Neckarhausen möglich sein, ohne Blick auf die Uhr zur Haltestelle zu gehen und binnen 10 Minuten loszufahren. Finanzierbar wird das durch einen Abbau umweltschädlicher Subventionen und eine Steuerpolitik, die auch die Umweltbelastungen durch Autos in Rechnung stellt. (WH)
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